Am Nachmittag ertönt ein Schrei. Laut, sehr laut und mit Entsetzen gewürzt:

STEIN – STEEEEEEIIIIIIIIN

Dann hört man den ersten Einschlag und alle an der Gemsenwand erstarren. Gewaltig ist das Geräuch der zersplitternden Felsen.
Ich warte auf einen Schrei oder mehrere. Auf rennende Menschen. Meine Blicke gehen suchend durch den Wald, finden meine Frau, die Kinder sind auf der anderen Seite der Wand und mein Kletterpartner hängt zum Glück oben. Eben noch saßen auf unserer Bouldermatte zwei kleine Kinder unserer Nachbarn. Die sind Gott sei Dank ein paar Minuten vorher ein Stück weiter weg vom Felsen gegangen. Ein paar faustdicke Brocken liegen direkt an unserer Bouldermatte. Nadja konnte sich rechtzeitig hinter einen Felsen in Sicherheit bringen. Glücklicherweise traf der Stein nur einen Fels am Fuß der Gemsenwand und zersplitterte dort. Auch die Bruchstücke trafen niemanden direkt. Der Brocken muß wohl kopfgroß gewesen sein. Der Abdruck, den er hinterlassen hat zeigt, dass ein Mensch diesen Treffer nicht überstanden hätte. Wir Sichernden unterhalten uns, wie man sich am besten verhält, wenn so ein Stein kommt. Plötzlich habe ich den Eindruck, dass mehr Menschen einen Helm aufhaben.

Geklettert sind wir natürlich an diesem Tag auch.

Vormittags angekommen, erkämpften wir uns eine Route. Menschenmassen hatten sich hier eingefunden. Mit der Gewitterverschneidung 5- ging es für die Kids los. Der erste Haken ist sehr hoch gelegen, dies wurde 2008 einem guten Kletterer zum Verhängnis. Obwohl ein einfaches Gelände, ging er ungesichert bis zum ersten Haken und stürzte. Holger legte daher schon nach wenigen Metern einen ersten Friend und einen zweiten weiter oben.

Die Route selbst war für die Kids ok, mir schien sie nicht attraktiv.

Anschließend war uns das Glück hold. Die weiße Verschneidung 6- wurde frei und wir belegten sie die nächsten 2 Stunden sehr zum Ärger anderer Kletterer. Mir war das sehr peinlich, aber wenn 4 Leute eine 30 Meter Route klettern wollen und einer dann noch einmal hoch muß, um abzubauen, dann dauert das. Wir hätten die Route meistbietent versteigern können. Ständig kam jemand und fragte. Nicht das wir sie absichtlich blockierten.

Der erste Haken hängt auch hier sehr hoch, daher weit unten einen (großen) Keil setzen. Die Route ist wirklich nett, manchmal speckig, aus dem kühlen Wald kommend, über die Bäume, voll in die Sonne. Heiß. Sehr heiß. Oben dann orientierungslos, muß man rechts am Überhang vorbei zum Umlenker. Auch hier noch einen Friend gesetzt, der letzte Haken ist dann schon drei, vier Meter unter einem. Der Umlenker dann war schon halb durchgewetzt. Warum können die Leutz nicht einfach einen Karabiner zum Topropen benutzen und Abseilen, statt  abzulassen?

Weiße Verschneidung 6-

Die 7 nebenan (Brillenschlange 7-) lachte mich den ganzen Nachmittag an und da ich fast immer sicherte hatte ich viel Zeit den anderen Kletterern dort zuzuschauen. Aber zum einen war sie besetzt, zum anderen meine Kids und Holger beschäftigt. Das nächste mal klettere ich dich!

Wir kletterten dann zwischendurch den Brezenpfeiler 6-. Nur wenige Meter mit vielen Möglichkeiten es sich noch einfacher zu machen. Langweilig.

Brezenpfeiler 6-

Fazit: An der Gemsenwand sollte man immer einen Helm tragen. Viele Routen sehen sehr attraktiv aus, nur sollte man Feiertage meiden oder spät am nachmittag erst kommen. Wirklich klasse ist die Höhe. Ich denke, das war die erste echte 30 Meter Route für mich. Das Seil hat gerade so gelangt. Nach 2/3 der Strecke spürt man die Länge, erst recht, wenn man da erst aus dem Wald in die Sonne steigt. Alles in allem toller Fels, wenn man nicht mit einer größeren Gruppe (wo jeder einmal klettern möchte) ansteht. Mehrere Seile einzuhängen fand ich unfair. Andere haben so Routen stundenlang blockiert.
Also: Gruppen klettert lieber an einer 10 Meter Wand – dann kommt jeder mal dran und keiner langweilt sich.

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