Schon kommt es mir wie ein Saisonabschluß vor, dabei ist es Anfang September. Aber mein Terminplan für die Wochenenden sagt mir, dass ich erst im Oktober wieder Zeit habe. Abends wird es schon zu früh dunkel, um nach der Arbeit noch an irgendeinen Fels zu fahren. Der nächste ist immerhin eine Autostunde entfernt. Nach den Wetterkapriolen der letzten Wochen freuen Holger und ich uns wieder draußen am Fels zu klettern.
Wie nicht anders zu erwarten sind wir nicht die einzigen am Hohenstein, aber wie auch wieder zu erwarten, kamen die meisten schon morgens und ziehen dann schon ab, wenn wir die Nachmittagsschicht übernehmen.
Da die meisten Routen belegt sind klettern wir die direkte Speckplatte 5+. Den neuen 4er Camolot muss ich natürlich ausprobieren. Kein Riss ist groß genug. Endlich finde ich ein Loch, wo er hineinpasst und dann auch noch bombensicher hält. Klasse – das Teil hat sich schon gelohnt! Ok, von 0,5 bis 2 hätte ich in der Umgebung alles setzen können und sogar näher an der Route, aber so ein fetter Friend sieht einfach gefährlich gut aus 🙂 Mein Gott, wie schwer die Route sein muss, wenn man so ein Teil zur Sicherung versenkt. Zu meiner Erheiterung hat eine Frau wohl genau das gedacht. Wir kamen irgendwann ins Gespräch und sie meinte, die Route hätten sie schon morgens geklettert, aber Probleme gehabt – sie hatten halt nicht so einen großen Friend. Ich habe mich bald weggeschmissen vor Lachen.
Die einzige Schwierigkeit der Route liegt am Ausstieg, da fehlen mir zwei Zentimeter um direkt vom letzten Standplatz auf die Kante zu greifen. Holger konnte das und kletterte da ganz locker, wo ich mich über den linken Felsbrocken mühen musste.
Die Route gingen wir noch ein paar Mal und wechselten dann auf den Weg der Jugend 5-. Eine Gruppe von Leuten blockierte die Route immer noch und erst als ich fragte, meinte eine Frau, sie klettere noch hoch, um abzubauen. Es kotzt mich an. Warum lassen die Leute stundenlang Seile in der Wand hängen, weil Kind A oder Frau B “nachher” ja noch mal klettern wolle. Hey, dann zieht man es halt noch mal ein. Egoisten!
Auch im Weg der Jugend nahm ich die Friends mit, aber der unterste Haken war diesmal leicht zu erreichen und die Griffe gut. Im Frühjahr war es hier nass und ich setzte lieber eine Sicherung in drei, vier Meter Höhe. Überhaupt habe ich mittlerweile auf den ersten 4 Metern mehr Respekt. Oft sind da noch keine Haken und eine eigene Sicherung auf drei Meter ist bis zum nächsten Haken immer für einen Grounder gut. Da hab ich keinen Bock drauf.
Dementsprechend suche ich immer noch nach einer Lösung im direkten kleingriffigen Wändchen 5+. Nach dem großen Riss auf ca. 3 Meter kommt erst beim 5ten oder 6ten Meter der Haken. Wenn es einem auf diesen zwei Metern raushaut landet man auf dem Boden. Die Wand in der direkten Linie bietet kein Loch oder Riss, der einen Keil oder Friend zu lässt. So haben wir heute die zwei Meter ausgebouldert und gesucht und gerätselt. Ich hatte im breiten Riss, weit rechts des Naturschutzschildes einen 2er Friend gesetzt. Den kann man von unten ganz gut setzen, aber während der Aktion ist einem der Grounder gewiss. Holger fand dann noch eine Stelle für einen 0,5er im Riss auf 3 Meter Höhe. Zumindest hat man so auf dem Weg nach oben etwas Sicherheit – wenn man beim klippen des einzigen Hakens jedoch fällt, nutzt der 0,5er nichts. Wieder ein Grounder. Irgendwie doof. Eine echte Lösung haben wir immer noch nicht. Ok, es geht auch ganz ohne. Im zweiten Durchgang bin ich direkt zum Haken geklettert – aber die Berichte von Leuten, die in einfachen Routen zu Tode gestürzt sind, weil sie erst in 6,7,8,9 Metern den ersten Haken nutzen wollten, mehren sich. Nene, ich möchte nicht der beste Kletterer werden, aber vielleicht der älteste. Durch den von Svenja gefunden Untergriff neben dem Naturschutzschild ist die Route danach sehr einfach.
Anschließend musste ich mich beeilen, da ein gemischtes Pärchen sich vom Überhang abseilen wollte. Zumindest diskutierten sie das (konnten nach eigenen Angaben gerade 6 klettern und wollten eigentlich nur den unteren Teil klettern). Also Speed den Weg der Jugend hoch und auf den Überhang, um Toprope einzuhängen. Eigentlich wollte ich den direkten Überhang 7 heute im Vorstieg angehen – im Nachhinein bin ich froh es nicht gemacht zu haben. Die Griffolge war mir nicht mehr ganz bekannt und so hätte ich mich schon im ersten Versuch zerschossen.
Holger startete zuerst und versuchte sein Glück über Links. So hatten wir es bei unserem letzten gemeinsamen Klettern hier probiert. Aber der Weg kostet zu viel Kraft. Nach drei Versuchen brach er ab. Ich ging dann mehr über die Mitte, aber auch über die “Sprungschanze”, dem Felsvorsprung an der linken Seite. Wenn man unter diesem Vorsprung hängt, kann man mit der rechten Hand über die “Sprungschanze” greifen und bekommt so ein paar gute Löcher vor der rückwärtigen Wand für drei Finger zu greifen. Mit diesem Griff dann die Füße hoch nehmen, aufstellen und mit Links auf halber Höhe weit am Rand einen super Griff packen, nach links umsetzen und mit Rechts den Riss und dem letzten Überhang. Links dazu nehmen und mit rechts den Mittelgriff packen. Links dazu, jetzt den Fuß auf die “Sprungschanze”. Bei den ersten Versuchen habe ich nun immer versucht dynamisch an den kleinen Knubbel unter der obersten Kante zu kommen und von dort den letzten Griff zu packen. Aber da fehlten immer zwei Zentimeter. Beim vierten Versuch hatte ich den letzten Griff zwar, rutschte aber ab. Ärgerlich. Pause.
Holg versuchte sich dann und diesmal kam er bis an den letzten Riss, hatte aber das Seil ganz blöde und klemmte zwischen Seil und Fels. Ein fetter Bluterguss war die Folge.
Jetzt ich nochmal hoch und diesmal rascher, “Sprungschanze”, nicht über links, sondern direkt an den letzten Riss (wobei ich gar nicht mehr weiß, ob ich den linken Griff nutzte oder ein andere Lösung hatte) den Doppelgriff in der Mitte, Füße nachgezogen, zum Knubbel und letzter Griff. Und dann die Kante rechts – Schitt rund, ok links nachsetzen und jepp, jetzt nur noch hochdrücken und Arsch über die Kante, Schitt, habe mich im Seil verfangen, dass mir über die linke Schulter hängt und mich nach unten zieht, ich komme nicht weiter, weil Holger das Seil auf Spannung hat. “HOOOOOLGER – SEEEEIL” – Ich springe über die Kante und stehe schnaubend auf dem Dach. Na also, geht doch. Der Herr am Seil nebenan meinte später nur trocken: ” Sah echt dramatisch aus” Die Ironie war nicht zu überhören. Aber mich hätte es geärgert an der Stelle noch abzuschmieren. Danke Holger, gut reagiert!
Auf dem Rückweg überlegte ich lange, ob ich überhaupt den richtigen Weg gehe oder es doch eine geradlinige Variante über den Überhang gibt. Im Topo ist die Linie gerade nach oben gezeichnet, den Weg, den wir gehen, geht ein paar Griffe links der Mitte, um dann wieder über die Mitte zu gehen. Merken – ausbouldern – nächstes Mal