Dieser Fels ist schon wirklich etwas Besonderes. Silbrig schimmert er im gleißenden Sonnenlicht. Glatt und unnahbar wirkt er dann.
Es beginnt zu regnen und sofort wird er glitschig. Die Moose und Algen wirken wie Schmierseife.
Da schaut die Sonne wieder heraus und binnen Minuten ist der Schiefer wieder trocken.
Die Luftfeuchtigkeit steigt rasch an, Nebel zeigt sich über den Baumwipfeln des Taunus.
Im nu wirkt der Fels schlüpfrig, der Chalkverbrauch steigt dramatisch.
Lorsbach. Warum komme ich eigentlich so selten dort hin. Gerade einmal 35 km beträgt die Entfernung.
Diesmal war es ein Eintrag im Kletterdorf.de, wo Mario für Mittwochnachmittag einen Kletterpartner suchte.
Also kurzerhand verabredet und schon trafen wir uns an der Lorsbacher Wand. Entgegen aller Befürchtungen, war es zwar warm, aber nicht sonnig und heiß.
Viele Kletterer waren auch nicht vor Ort. Ich lies mich vom erfahrenen Taunusprofi leiten:
Mario wählte als erste Route das Grasbändchen 6-. Gleich nach den ersten Metern war mir klar: Mario ist einer von den guten. Ganz bewusst und langsam setzt er Hände und Füße und strahlt dabei eine Ruhe aus, wie ich sie mir noch wünsche. Jeder Zug zeigt Souveränität und Können. Da er die Exen hängen ließ, hatte ich es im Nachstieg einfacher und das war auch gut so, denn die Finger brauchten ein wenig, um sich an den glatten Fels zu gewöhnen. Die Route hat zwei kleinere Schwierigkeiten, aber für die ersten Annäherungsversuche war sie genau richtig.
Eine Gruppe belegt die leichteren Routen am rechten Rand, so wählt Mario die Schneeweißchen 7-.
Ich bin noch nicht warm, vor zwei Stunden habe ich mir im Garten einen dicken Steinbrocken auf die nackten Füße fallen lassen, die Knöchel sind blutig. Vom gestrigen Laufen habe ich einen dicken Muskelkater, der linke Arm schmerzt, die Sehne am Bizeps ist gereizt.
Beste Voraussetzungen für eine unbekannte Route. Zumindest kann ich später meine Unfähigkeit auf die immer zahlreicher werdenden Malaisen schieben.
Der Einstieg erweist sich als genauso kniffelig, wie der Kletterführer es beschreibt. Dann heisst es die richtigen Griffe zu finden und immer gut die Füße mitzunehmen. Eher mehrfach nachtreten, um höher zu kommen, dann hat man es oft leichter, den nächsten Griff zu halten.
Vor dem breiten Band in 6 Meter Höhe wird es dann kniffelig. Ich finde nicht die richtigen Tritte und bin zu weit links. Erst als ich mich dem Band weiter rechts nähere kann ich den Untergriff (Ein schönes Loch rechts oberhalb des Hakens) fassen. Doch hat mich das viel Kraft gekostet. Über das Band geht es dann sehr einfach und der Rest der Route ist nicht mehr besonders schwer. Wenn man sich ein wenig rechts hält. Am Anfang hatte ich wieder die Tendenz mich links zu halten, dann kommt man fast in den “mittleren Ausstieg”.
Es beginnt leicht zu regnen, als Mario den Fledermausweg 6+ geht. Bis ich dann los gehe, ist der Boden nass und die Wand an manchen Stellen auch. Zwar sind die Griffe meist trocken, aber die hohe Luftfeuchtigkeit lässt die Finger schwitzen. Im Vergleich zum Schneeweißchen ist die Route einfach, wenn man weiß, dass man am Überhang sich weit links halten muss.
Der Regen lässt nach und mein Bergführer zeigt mir den Alten Weg 6+, den wir als Mehrseilllänge gehen also Mario bleibt oben und ich steige nach. Ich beobachte genau, wie er läuft, habe aber schon heute wieder vergessen, wie das ging. Da waren etliche Ecken und Wechsel dabei. Ohne Mario wäre ich so nie da hoch gegangen, sondern hätte fatalerweise den direkten Weg gesucht, was eindeutig falsch ist. Ich erinnere mich an ein Band, direkt vor mir nichts zu treten. Geht man aber einen Schritt nach links, kann man über das Band greifen, dann über den alten Standpunkt nach rechts und dann geht es wieder weit nach links. Nach der Ecke mit dem Gipfelbuch gibt es eine Passage an der Kante entlang bis unter den großen Umlenker der Edi. Dort ein Seitgriff, mit rechts zu halten und dann finde ich erst einmal nichts mehr für die Füße. Ich brauche Ruhe und setz mich ins Seil. Jetzt kann ich auch wieder denken und finde nach kurzer Zeit die Fußtritte. Weiter nach links, dann kurz unter dem Umlenker ein dickes Lock, beide Hände an die Kante und eindrehen nach oben zum Haltegriff. Einhängen. Zum Standplatz komme ich so nicht und sitze erneut im Seil, erst als ich rechts bleibe kann ich mich zum Standplatz hangeln. Sehr schön. Der Ausblick auf die Straße und die dichten Wälder, aus denen der Dampf aufsteigt, ist sehenswert.
Ablassen und dann die Edi 6+
Beim letzten Mal hatte ich keine Zeit mehr, dank Mario sind die Exen schon drin, als ich los laufe. Die erste Exe ist die schwerste. Mit rechts hängt man an einer Kante mit zwei Fingerkuppen (und mein zerquetschter Finger passt da irgendwie nicht rein, was es nicht einfacher macht) und mit links klippen. Da die Exe schon hängt, habe ich das schon vorher gemacht und das das gut ist, zeigt sich, als ich abrutsche und im Seil hänge! Von hier aus geht es 8 Meter in die Tiefe und wer da ungeclipt ist, hat ein echtes Problem. Die Anfangspunkte hier sind echt bedenklich.
So komme ich lächelnd wieder an den Fels und nach dem ersten fetten Griff ist alles sehr einfach. Erst auf halber Höhe wird es noch einmal schwer. Da ist nur eine schmal Leiste und von der geht es auf ein Band. Um dies zu erreichen muss man entweder eine noch kleinere Leiste darunter antippen und dynamisch nach oben greifen oder gut stehen und die Füße mehrfach nachholen. Ich versuche es über die dynamische Art und stütze gut vier Meter. Nichts passiert. Nochmal. Das kostet Körner und so langsam habe ich nicht mehr viele davon. Ich übernehme mich an vielen Griffen und habe zu wenig Ruhepunkte, da ich die Routen nicht kenne.
Zweiter Versuch, diesmal komme ich über das Band, aber die Hände sind leer. Ich packe es bis zu einer Kante hinter der ich einen guten Seitgriff weiß, aber die Hände halten den Sloper nicht, ich bin auch zu weit rechts und stehe nicht gut. Und wieder ins Seil. Ich bin sauer auf mich. Schwer ist es nicht, aber die Knochen wollen nicht mehr. Diesmal achte ich mehr auf die Füße und siehe da, ein guter Tritt, Hand nach rechts, seitlich gehalten und schon geht es weiter. Am Limit und ich schrei mich von Griff zu Griff, aber ich komme nach oben, das fette Loch vor und dann der Haltegriff. Fertig. Die Finger wollen zwar nicht mehr das Seil in den Sauschwanz legen, aber ich zwinge sie und dann ist es geschafft. Pitschenass geschwitzt geht es ins Tal.
Eine Route ringt mir Mario noch ab: Die Kombination 6.
Der Einstig ist der gleiche, dann zieht es sich nach rechts. Ein fetter Griff will erst mal vor einem Loch gegriffen werden, hat man den, kommt eine Platte. Die löste ich unkonventionell, in dem ich mit Links eine Schuppe hielt und mit rechts auf Gürtelhöhe eine Nase und den rechten Fuß weit, sehr weit hoch stellte und mich nach oben drückte. Langsam, ganz langsam, nicht das Gleichgewicht verlieren. Sah bestimmt cool aus, war bestimmt nicht der Idealweg, aber ich war über die Platte weg. Danach weiter links halten, sonst kommt man über eine 7er Stell und dann am Gipfelbuch, wo ich Mario und das Kletterdorf.de verewigte.
Danke Mario, war echt nett von Dir, gerne wieder.
