So beschreibe ich den Unterschied zwischen Hallenklettern und Felsklettern:

In der Halle klettern ist wie ein Coitus Interruptus. Man kann alles, aber auf das beste verzichtet man.

Es ist toll in der hohen Kletterhalle in Darmstadt klettern zu gehen, denn nach der Abend und im Winter wäre es sonst, wie früher, gar nicht möglich. Damals habe ich von April bis Oktober ab und an den Weg in den Odenwald oder die Berge gefunden.
Heutzutage geht es ein, zwei Mal in die Halle. Dementsprechend kommt automatisch eine Leistungssteigerung.
Nach dem OP-Jahr bin ich wieder auf 7er Niveau, die eine oder andere 8 geht auch.
Spannend war die Frage: Bekommt man die Hallen PS auf die Straße, oder besser auch in den Fels?
Aus der Erfahrung vieler Jahre sage ich: NEIN.
Draußen sieht es ganz anders aus.

Hohenstein Nordseite ohne Blätterdach
Hohenstein Nordseite ohne Blätterdach

Die Wettervorhersage für den Sonntag war traumhaft und da die Familie auch noch ihren Tribut fordert, sind Holger und ich schon um 8 Uhr in den Odenwald gestartet. Da war es noch um die Null Grad und da wir – wie es sich gehört – in Reichenbach parkten und den steilen Weg zum Hohenstein gingen, wurde uns trotzdem orgdentlich warm, bis wir am Hohenstein ankamen.
Von Zäunen und selbst geschaffenen Absperrungen der Besitzer keine Spur mehr. Im vergangenen Jahr hat der Besitzer des Waldes kurzerhand den Fels eingezäunt, was aber gar nicht erlaubt war. Streitigkeiten mit der Kommune sollen der Auslöser gewesen sein.

Wir gehen als allererstes ganz auf Nummer sicher und wie eigentlich immer, den Weg der Jugend 5-. Die Luftemperatur ist eigentlich angenehm, aber die Route liegt auf der Nordseite und der Fels ist eiskalt. Nach wenigen Metern bewundere ich die Topkletterer, die manchmal schwerste Routen (Projekt Hoffnung / Beat Kammerlander) bei Minusgraden klettern, damit der Gummi der Schuhe griffiger ist.
Ich bin echt erschüttert, wie schlecht es voran geht. Die Route sollte ich aus dem ff kennen, fingere nervös an allen möglichen Stellen und klippe dann die erste Sicherung. Danach geht es besser, ich war einfach zu weit links gelaufen. Kein guter Start.

Holger macht es besser und wir wechseln ins Kleingriffige Wändchen 5+. Der neue Odenwaldführer weist dort nun drei Varianten aus. Aus Jux platziere ich im untersten Querriß einen 4er Friend – der wird im Sturzfall wenig nutzen, aber wenn man schon das viele Metall mitschleppt, sollte man auch das Setzen ab und an üben.
Das “Naturdenkmal”-Schild ist abgerissen. Schade, aber nicht gut, denn nun stehen die Befestigungen aus der Wand uns sehen so scharf aus, dass sie einem Seil gefährlich werden könnten. Leider haben wir kein Werkzeug dabei, um das zu entschärfen.

Die Finger werden langsam warm und es klettert sich schon viel ansprechender.
Wir wechseln auf die sonnige Südseite.
Der Fels dort ist um einiges wärmer und wir stehen in der Sonne – jetzt wird der Tag schon freundlicher.
Der Damstädter Weg 6 ist auch nicht besser geworden, macht aber trotzdem Spaß. Die ersten drei, vier Meter bis zum Absatz sind – sagen wir es freundlich – unnötig.
Dann kommt der kleine Überhang. wer vernünftig steht,  und die Füße gut setzt, kann sich am Untergriff gut halten und klippen. Dann geht es direkt nach außen und dort hat man als Schwierigkeit die Wahl der Griffe. Direkt vor der Nase ein schlechter Slooper, darüber fette Henkel. Also nicht verweilen, sondern einfach weiter, dann wird es viel einfacher.

Sicherungen sind hier eher Mangelware. Man braucht sie auch nicht unbedingt, aber eine Schlinge in einer Sanduhr gibt ein besseres Gefühl. Rasch an der Kante mit den fettesten Henkeln nach oben. Im oberen Teil wird es dann noch einmal kleingriffig, aber man kann auch rechts oder links ausweichen. Die Finger sind jetzt war um ich gehe lieber über die kleine Wand – es macht einfach nur Spaß.

Im Anschluß die Quarzwandverschneidung 6+.
Ganz locker gezogen. Nach der zweiten Exe, den fetten Henkel als Ziel. Der Rest ist einfach.
Eigentlich sind es zwei, drei Züge, die schwerer sind. Oben sollte man es sich nicht zu leicht machen, aber dort gibt es viele Varianten und wenig Absicherung. Mancher geht sie deswegen lieber Toprope.

Das direkte Quarzwändchen 7+ will ich auch noch versuchen, aber erst einmal gehe ich den Brohmüberhang 6-, starte aber bis zum Überhang im Weg der Ehe 8-.

Die glatte Wand ist gar nicht so schwer zu nehmen, wenn man erst rechts bleibt. Hatte ich mir schwerer vorgestellt. Am Überhang des Wegs der Ehe komme ich zwar zum Bohrhaken, aber dann finde ich weder einen Untergriff, noch die richtige Linie. Ich versuche die Stelle auszubouldern, wechsele dann aber in den Brohmüberhang, der einfach nur Spaß macht.

Sieht von unten spektakulär aus, ist aber sehr einfach. Geklippt, nach hinten lehnen, den herausragenden Fels greifen, verkeilen, die rechte Hand außen nach oben, der nächste große Henkel und man ist durch. Aufrichten. Der Rest ist eine gute vier oder fünf.

Wir wechseln wieder die Seite, mittlerweile sind drei weitere Seilschaften angekommen, es ist 10 Uhr und die vorhergesagte “Hitze” von 15 Grad ist nicht eingetroffen.

Hohenstein-IMG_7019-500Nun geht es an den Direkten Überhang 7-/7.
Im nu sind die Hände wieder kalt. Hier auf der Nordseite sind bestimmt 5-10 Grad weniger. Schon vor dem Überhang kann ich die Fingerspitzen kaum spüren. Ich würge mich zum obersten Querriß. Eigentlich wollte ich dort nur einen Friend setzen, bin aber schon so platt und kann die Finger kaum zum halten verpflichten. Also klippe ich den Haken rechts und setze dann doch einen 2er Omega Link Cam und versuche es zum ersten Mal. Der große Griff in der Mitte, erst mit der Linken Hand, Füße umsetzen, dann rechts dazu. Mit links nach oben zum kleinen Griff und weiter zur Kante links.

Daneben und schon falle ich fünf Meter. Shit. Was ist nur los. Das ist gerade mal eine 7! Und ich kann den Griff nicht halten. Aber zumindest weiß ich nun, dass der Friend hält.

Zweiter Versuch. Diesmal habe ich den Griff links vor der Kante, aber nur die Fingerspitzen liegen drauf und ich bekomme keinen Druck mehr auf die Finger. Und Sturz Numero zwo folgt. Ab in die Tiefe. Zumindest kann man hier gut fallen.

Dritter Versuch. Diesmal achte ich mehr auf die Füße, suche mit dem rechten Fuß nach einem höheren Tritt zum anstellen. Und diesmal komme ich erst an den kleinen Griff und dann an die Kante. Mit rechts dazu und dann die Füße stellen und hoch drücken.
Das hat ganz schön Körner gekostet. Ziemlich frustriert, denn das hatte ich schon besser geschafft und eigentlich dachte ich gut trainiert zu sein. Aber drinnen und draußen ist halt doch ganz anders!

Ich gehe das letzte Stück der Route noch einmal beim Ablassen und diesmal klappt es auf Anhieb. Und nach dem Holger sie auch kletterte noch einmal gesamt Toprope.
Diesmal falle ich aus Unachtsamkeit irgendwo weit unten aus der Wand. Einfach nur blöde, dafür klappt der Überhang. Das Ding kostet mich echt Kraft und da es nach zwölf ist, entschließen wir uns Heim zu Fahren. Für das direkte Quarzwändchen hätte ich eh keine Kraft mehr.

Was lernen wir heute Fels ist nicht gleich Halle und Vorstieg was anderes als Toprope.

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